Donnerstag, 15. Dezember 2016

Varanasi

Varanasi

Am 4.12.2016 wollten wir mit dem Zug weiter nach Varanasi (ehemals Benares) und ich erwachte bereits mit Hals- und Gliederschmerzen. Glücklicherweise hatte uns Elfi in Bangkok mit einer Großpackung Parkemed versorgt, so war die Fahrt, zuerst mit dem Tuktuk nach Ghaya und von dort 10 Stunden mit dem Zug (excl. 4 Stunden im Warteraum wegen Verspätung) besser zu überstehen.
In Varanasi hatten wir ein sehr schönes Guesthouse direkt am Assi Ghat gebucht, "Ganges View", ein günstiges Zimmer im Erdgeschoss kostete allerdings stolze € 60,-- incl Frühstück. Von der Terrasse aus hatte man einen direkten Blick auf den Ganges. Während der Nacht ist es hier ruhig, allerdings nur bis 5:00 Uhr, dann beginnen die täglichen Gesänge, Rituale und Yogaübungen direkt neben dem Ghat.

Ghats nennt man die Treppen hinunter zu einem Gewässer (hier zum Ganges), die z. B. zum Waschen, Baden, als Bootsanlegestellen... aber auch auch als Verbrennungsstätten verwendet werden.
In der heiligen hinduistischen Stadt Varanasi gibt es 87 Ghats, aber nur wenige davon sind Verbrennungsghats.  

Nachdem ich die ersten zwei Tage krankheitsbedingt im Zimmer verbracht hatte, sich mein Allgemeinzustand aber nicht wirklich verbessert hatte (Denguefieber und Malaria waren durch eine Blutuntersuchung ausgeschlossen worden), wollte ich trotzdem raus und endlich etwas sehen von dieser berühmten Stadt. Das Wetter war leider nicht mehr so schön, wir hatten Nebel (war für Josef fototechnisch doppelt nervend!) und dadurch war es auch ziemlich kalt und feucht. Überall entlang des Ganges und in der Stadt sah man kleine Feuer an denen sich die Leute zu wärmen suchten. Sie hatten zwar Schals, Hauben, Tücher und Jacken, aber an den Füßen nur Flip Flops oder sie waren überhaupt barfuß. In ihren Unterkünften gibt es keine Heizungen, geschlafen wird auf Brettgestellen oder am Boden und so war es nicht verwunderlich, dass sehr viele Leute husteten, schnupften... , aber keine Möglichkeit hatten, sich in ein gemütliches Bett zu legen so wie ich und warmen Tee und Essen zu bekommen.

Was mich besonders interessierte waren die Verbrennungsghats. 
Der Tod wird in unseren Ländern oft verdrängt, nicht als Teil unseres Daseins anerkannt. Wir tun meist so, als würde er uns nicht betreffen, er gehört nicht zu unserem Leben und macht vielen Leuten Angst. Das ist hier sichtlich anders. Es gilt als großes Glück für die weiteren Leben und die Erlangung der Erleuchtung in der heiligen Stadt Varanasi zu sterben und so werden Kranke und Alte hierher gebracht. Es gibt auch "Hospize"( aber ohne Rundumbetreuung und Komfort :(  ) rund um das große Verbrennungsghat, in denen diese Leute auf den Tod warten (Angela, da gäbe es sehr viel Arbeit für dich!).
Natürlich war auch eine große Portion Neugier dabei, mir dieses Ghat und die Zeremonien anzusehen.
Oberhalb des Ghats gibt es riesige Holzhaufen aus verschiedenen Hölzern. Auf einfachen Waagen wird das Holz, das für eine Verbrennung benötigt wird abgewogen und der Preis wird je nach Holzsorte berechnet. Für eine einfache Verbrennung einer durchschnittlich großen Person werden etwa 40 kg Holz zu einem Gesamtpreis von € 8,-- benötigt.
Das Holz wird zur Verbrennungsstelle getragen (je nach Kaste direkt am Fluss (untere Kaste) bzw. oberhalb) und dort zu einem Stapel geschlichtet. Der Leichnam wird in weiße (Männer) bzw. bunte Tücher (Frauen) gehüllt, mit Blumengirlanden verziert und auf einfachsten Holztragen zum Ghat gebracht.  Dort wird die Trage auf den Boden gestellt und es dauert oft lange, bis der Körper auf das Holz gelegt wird. Über den Leichnam werden zwischen Füße und Hals nochmals Holzscheite gelegt und der älteste Sohn, dem zuvor  die Haare geschoren werden (dazu gibt es Haarschneider direkt vor Ort) entzündet das Feuer. Die Verbrennungen sind Arbeit der Mitglieder einer unteren Kaste.  Nach der Verbrennung kommt die Asche sofort in den Ganges.
Täglich werden am großen Verbrennungsghat 200 - 300 Leichen verbrannt.
Es stehen viele Holzhaufen nebeneinander, Leichen liegen am Boden, Kühe stehen überall herum und fressen die Blumengirlanden, Kinder spielen, Schlepper versuchen Touristen zu Plätzen mit besserer Aussicht zu bringen und Geld zu erhalten, indem sie den Leuten erzählen, ein Kilo Holz würde vier Euro kosten und die Armen brauchen Spenden für die Verbrennung,...  das ganz normale Leben.
Und ich war überrascht, es war weder gruselig für mich, noch war die Stimmung hier traurig.

Die Stadt Varanasi ist groß, schmutzig, geschäftig, voll von Armut, überall gibt es kleine und größere Tempel und Schreine, heilige Männer und viele Kinder.

Am 9. Dezember wollten wir mit dem Zug zurück nach Kolkata fahren, bekamen aber nur mehr für den 10.Tickets. Am 10. 12. war es noch immer so nebelig und die Züge hatten nach wie vor große Verspätung. Wir warteten dann aber viel länger als erwartet. Mit 27 Stunden Verspätung kamen wir in Kolkata an und in der nächsten Nacht um 01:55 Uhr flogen wir über Bangkok nach Vientiane in Laos.





Ein Ghat nach dem anderen ermöglicht den Zugang von
der Altstadt zum Ganges

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Leben und Wohnen am Ufer des Ganges



 Ghat im Bereich des muslimischen Viertels









Der ganze Uferbereich scheint ein einziger Hafen zu sein












Im hinteren Bereich des Verbrennungsghats wird das Holz deponiert



Kleine Schreine säumen die Gassen der Altstadt




Der Hinduismus mit seinen über 330 Millionen Gottheiten













Obwohl weniger vermüllt als Bodhgaya ist auch hier der Müll unübersehbar



Alltagsleben in der Stadt















Eine Feuerstelle spendet Wärme im Dezember
























Morgenstimmung in der Altstadt















Ein Junge, verkleidet als der heilige Gott Vishnu









Yogi und andere Praktizierende











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