Dienstag, 6. September 2016

Tour zu den kasachischen Nomaden


Die Nacht war kalt im Zelt und wir haben beide nicht sehr gut geschlafen. Es war eher bewölkt in der Früh, die Umgebung mit dem See, den Bergen und den Lärchenwäldern an der Nordseite der Berghänge erinnerte uns eher an Österreich als an die Mongolei. Eh schön, jedoch war es nicht das, was wir suchten in diesem abgeschiedenen Teil der Mongolei nahe der chinesischen Grenze.
Und Renate fühlte sich nicht ganz gesund, etwas verkühlt und eine Magenverstimmung bahnte sich an. Die Fahrt über eine Staubpiste von über 7 Stunden hierher war wirklich sehr anstrengend und sollte sich die Verkühlung  verschlechtern, wäre die Fahrt retour noch schlimmer.
Daher nutzte Renate die Gelegenheit, mit einer anderen Gruppe, welche zufällig neben uns übernachtet hatte, retour zu fahren. Zurück  nach Ölgii ins Hotel, wo sie sich erholen konnte. 
Nach langem hin und her beschlossen wir, dass ich zurückbleibe, hier in der Einsamkeit, alleine, nur in Begleitung unseres eigenwilligen kasachischen Drivers (90% der im Bezirk Ölgii lebenden Bewohner sind Kasachen) . Er war der Onkel des Managers des Hotels Eagles Nest in Olgii, welcher auch unsere Tour organisiert und geplant hatte. 
Wir nannten in Schnorrer, den seinen Namen konnte man nicht aussprechen und daher habe ich ihn auch vergessen. 
Ich weiß, das tut man nicht, jedoch Schnorrer merkt man sich in diesem speziellen Fall leichter. Denn obwohl wir seine Versorgung mit Essen für die nächsten 6 Tage im vorhinein bezahlt haben, damit er sich mit Essenvorräten eindecken kann, hat er sich offensichtlich kaum etwas dafür gekauft. 
War ja auch nicht unbedingt notwendig, haben wir schon bei der Hinfahrt herausgefunden. Unser Kasache hat nämlich 8 Geschwister, 4 Brüder und 4 Schwestern. Die meisten davon Nomaden, welche alle zufällig aufgefädelt einer nach dem anderen entlang unserer Strecke hierher  ihre Jurten aufgestellt haben. 
Unsere Tour in die westlichen Bergwelt der Mongolei entwickelte sich also als „Verwandten und Bekanntenbesuchstour“ für ihn. Und so futterte er sich, von einer Verwandtschaft zur anderen durch.  Oder, als wir einmal in einem kleinen Dorf ein „Restaurant“ besuchten, bestellte er sich großzügig 10 Momos ( mit Fleisch gefüllte Teigtaschen) und griff beim Bezahlen frech in unsere Geldtasche und bezahlte damit sein Essen. Wir hätten es natürlich sowieso bezahlt, kostet eh an Schmarren - aber die Art hat uns einfach nicht gefallen. 

Zurück zu den Verwandtenbesuchen - hat ja nicht gestört, so bekamen wir direkten Einblick in das Leben der  Nomaden. Wir wurden immer wieder zu einem Tee und Essen eingeladen. Milchtee, 2 Sorten Käse und Brotstücke. Und wirklich, überall schmeckte es gleich, nicht ähnlich - nein gleich! Jeden Tag mehrmals Milchtee, 2 mal Käse und Brot - jeden Tag der selbe Geschmack. 
Wird man da eingeladen kann man nicht etwa sagen, der Wolfgang hat wieder gut gekocht, oder, was wird es bei den Kondis morgen wieder Außergewöhnliches geben?  Oder sich noch lange an das Schnitzel von Monika nach einer schönen Skitour erinnern, sich wieder auf einen kulinarischen Hochgenuss von Anita oder Stephan freuen und sich über den übervoll gedeckten Tisch zum Heringsschmaus bei Christa noch lange danach unterhalten - nein jeden Tag Milchtee, Käse, Mehlteigbrot und sonst nichts. 

Für die Strecke retour planten wir wieder 2 Tage ein, durch die Sonne im Rücken zeigte sich die Landschaft von ihrer schönsten Seite. Natürlich wurden die Verwandten  auch am Heimweg  besucht, einige kannte ich schon, einige kamen hinzu. Dabei gab es auch genug zu tun. So musste das im August für die Schafe und Yaks geerntete  Winterheu in eine dafür vorgesehenen Scheune gebracht werden, eine andere Familie war gerade in ein niedriger gelegenes Gebiet übersiedelt. Gemeinsam mit vielen anderen wurde das Grundgerüst der Jurte neu aufgestellt. Danach gab es Milchtee, 2 mal Käse und Mehlteigbrot. 
Ich wollte wissen, wie lange sie denn nun hier bleiben können, die Antwort war 2.  Zwei ist ja gut und schön und auch nicht unwichtig, aber ob es nun Tage, Wochen oder Monate sind, konnte ich leider nicht herausfinden. Die sprachlichen Barrieren waren sehr groß und führten wahrscheinlich auch zu gewissen Unstimmigkeiten mit unserem Fahrer. 
Das was ich ihm jedoch schnell lernte war „ Stop please - Foto". Immer nach meiner häufigen Bitte: "Stop please - Foto" kam kurz, prägnant und laut aber nicht ungehalten die  kurze Frage retour - FOTOOOOO ???? Meine Antwort: YEEES - der Wagen wurde angehalten. Ich stieg aus, er stieg aus. Ich machte meine Fotos, er legte sich samt Werkzeug unter das Auto und schraubte irgendwo herum. 
Gar nicht so selten fragte er von sich aus: „ FOTOOO?“ - dann wusste ich, er hat irgendwas am Auto zu reparieren, kaum stiegen wir aus, lag er schon wieder mit einem Schraubenschlüssel unter dem Auto. 
Aber man kann  schon auch sagen, Hut ab, bei seinem über 30 Jahre alten Buchanka russischer Bauart  kannte er sich offensichtlich sehr gut aus. Das bewies er bei der Rückfahrt, als er nach circa 4 Stunden auf einmal ganz hellhörig wurde. Sein Ohr während der Fahrt in Richtung Motorhaube haltend ( es gibt auch eine Motorhaube im Inneren des Autos zwischen Fahrer und Beifahrersitz, dadurch wird das Wageninnere auch im Sommer ständig unbarmherzig beheizt ) und die Stirn runzelnd, merkte ich das irgendetwas mit dem Auto nicht stimmen kann. Und wirklich, 3 Minuten später umgab uns Gummigestank und Rauch - der Keilriemen hat seinen Geist aufgegeben. Ich dachte, auch das noch und richtete mich auf eine längere Pause ein. Er jedoch holte aus einem Fach eine Brechstange, sein Werkzeug, einen neuen Keilriemen und verschwand wieder unter dem Auto. Verstaubt und verschwitzt tauchte er nach nur 10 Minuten wieder aus seinem Versteck auf und alles war repariert - also in diesem Fall Hochachtung. 

Keine Hochachtung jedoch als wir einen Tag früher als geplant Olgii erreichten und ich im Hotel Eagles Nest erfuhr, dass Renate sich in einem anderen Hotel eingemietet hatte - keine 500 Meter entfernt. Mein gesamtes Reisegepäck war jedoch noch hier und ich ersuchte ihn nun, dass er mich doch bitte damit in meine neue Unterkunft bringen solle. 
Mein Freund der Schnorrer meinte nun, er sei ja kein Taxi. Als ich ihn jedoch darauf aufmerksam machte, dass er eigentlich auch noch für den nächsten Tag bezahlt worden war und ich auch das Geld dafür zurückverlangen könne, änderte er seine Meinung schlagartig.

Wir blieben nun für weitere 3 Nächte im einfachen Hotel Duman, wobei „ einfach" ein improvisierter Hilfsausdruck ist. Aber die Betten waren in Ordnung und genügend Wasser in der Dusche war auch vorhanden. Damit meine ich jedoch nicht das Wasser, welches eines Tages von einem überlaufenden Klobehälter des  Badezimmers über uns,  plätschernd von der Decke den Weg in unser Bad fand. 

Nach den 3 Nächten waren wir wieder 3 Tage abseits der Hauptrouten unterwegs, diesmal mit Guide, Fahrer und einer ausgezeichneten Köchin, welche uns während dieser Tour mit, für mongolische Verhältnisse sehr gutem, Essen versorgte. 
Dazu jedoch demnächst ein eigener Bericht. 






Herbststimmung am Choton Nuur






Typische westmongolische Landschaften






Aufbau einer Jurte (Ger)



Nomadenmädchen



Steppenlandschaft






Gastfreundschaft






Alltag im Leben der Nomaden






Urlaub am Bauernhof




Kamel - was sonst?



Abendstimmung











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