Die letzten Tage in Sibirien
Von Aktash fuhren wir am 21.08.2016 bei schlechtem Wetter in das kleine, sehr ursprüngliche Dorf Tschagan Usun auf 1950 m.
Der Fahrer half uns, eine Unterkunft zu finden. Zuerst fuhren wir zu einer alten Familie in einem windschiefen Holzhaus. Diese hatten nur zwei zusammenhängende Zimmer ohne Türen mit je sechs Betten. Die zweite Möglichkeit in diesem Ort war, bei einer jungen Familie mit drei Kindern zu wohnen. Hier wurden die drei Schlafräume vermietet, jeweils mit 2 Betten, wovon immer nur eines eine Matratze hatte. Wir entschieden uns für eines dieser Zimmer und ich (freiwillig!!!) legte meine Luftmatratze zwischen die Decken und konnte so auch gut schlafen. Im Haus gab es sogar eine Badewanne, nur die Plumpstoilette befand sich außerhalb des Hauses und des Zaunes, auf der Straße. Diese wird von den Bewohnern auch im Winter(!) benutzt.
Erst am Abend wurde uns bewusst, dass wir das Haus alleine bewohnten, die Familienmitglieder schliefen während der 2 1/2 Sommermonate im Sommerhaus, eine größere, sechseckige Holzhütte im "Garten", incl. Sommerküche. Auf meine Nachfrage, warum sie ein Sommerhaus hätten, bekam ich die Antwort, das sei eben Tradition. Das machen nur die Altaier, nicht die Kasachen, die auch in dieser Grenzregion zu China und zur Mongolei wohnen.
Wir zahlten für drei Nächte mit Vollpension, zweimal Banja und abendliches Einheizen des Kachelofens insgesamt € 130,--.
Gleich am ersten Abend wollte uns unsere Gastgeberin mit Delikatessen der Region überraschen.
Wir bekamen als Vorspeise Leber im Fettmantel gebraten und Blutwurstscheiben. Als Hauptgang servierte sie uns Schaf mit Brot und als Nachspeise gab es Sauerrahm mit Schwarzbeeren aus der Umgebung. Leider mussten wir sie beleidigen, aber wir schafften es beide nicht, die Vorspeisen zu essen. Von da an fragte sie immer was wir gerne hätten bzw. ob uns dies oder das schmecken würde.
Am ersten Nachmittag machten wir trotz des windigen, kalten Wetters und des leichten Nieselregens einen längeren Spaziergang in die schöne Umgebung.
Die Abende verbrachten wir immer Karten spielend in der warmen Küche bei Tee bzw. Bier. Es war sehr gemütlich, obwohl ich jeden Abend haushoch verlor : (.
Am zweiten Tag, das Wetter war immer noch wechselhaft und kalt, fuhr uns der Hausherr zu verschieden Kulturstätten und einem Museum in der Gegend. Die Fahrt war etwas mühsam, das Gefährt, eine Art Jeep, hatte seine guten Tage längst hinter sich und begann kurz nach der Abfahrt zu scheppern. Der Fahrer blieb immer wieder stehen, schaute in den Motor, telefonierte, aber die Geräusche blieben. So mussten wir nach Kosch Agatsch fahren, dort wurde das Gefährt gegen einen Toyota Kombi getauscht und weiter ging es. Unser Gastgeber versuchte, uns die verschiedenen Kulturstätten und Kraftplätze zu erklären, verstanden habe ich leider bei Weitem nicht alles. Es war trotzdem interessant, wir hatten ja bereits im Vorfeld einiges darüber gelesen.
Auf der Rückfahrt wurden die Autos wieder getauscht und wir fuhren mit dem geräuschvollen Jeep in Richtung Tschagan Usun zurück. 2 km davor blieb das Auto dann aber endgültig stehen. Der Fahrer telefonierte wieder und fünf Minuten später kam ein anderes Auto mit einem Benzinkanister und weiter ging es. Für uns war die Autofahrt ein Erlebnis, für die Leute dort ist das, glaube ich, einfach "normalno".
Am nächsten Tag war das Wetter wieder schön, aber noch kühl. Eigentlich wollten wir mit einem geländegängigen Auto zum Epizentrum des schweren Erdbebens von 2003 fahren, um von dort aus zu wandern. Wir hatten aber nur einen PKW zur Verfügung, für den der direkte Weg dorthin unmöglich war, also fuhren wir einen Umweg. Von dort aus machten wir eine wunderbare Wanderung, rund um uns gab es schneebedeckte, hohe Berge, frisch "angezuckert" vom Schneefall am Vortag. Auch gibt es in dieser Gegend keine Schlangen, da es dafür hier angeblich zu salzig ist, dafür sahen wir viele Kamele.
Wir wanderten fünf Stunden über Bergrücken, lagen in der Sonne, es war ein wunderbarer Tag.
Das Erdbeben mit einer Stärke von 7,4 hatte ein ganzes Dorf zerstört, wir sahen riesige Sprünge im Erdreich auf den Bergrücken und ein ganzer Hang war abgebrochen und abgerutscht.
Die Bewohner des Dorfes waren umgesiedelt worden, es waren für sie neue Häuser, eine Schule und Geschäfte ungefähr 50 km entfernt gebaut worden, trotzdem bewohnen noch ca. 100 Menschen den trostlosen Ort.
Am 24.08. war es dann soweit, wir mussten Sibirien nach sechs Wochen verlassen und der Hausherr fuhr uns nach Taschanta, dem Grenzort zur Mongolei.
Dort versuchte er für uns ein Auto zu finden, das uns in die Mongolei, möglichst nach Ölgij, mitnehmen könnte. Es gibt kaum Autos auf dieser Strecke, nur auf Grund des billigen Benzins kommen einige Mongolen nach Taschanta. Einer davon nahm uns dann die 20km von der russischen bis zur mongolischen Grenze mit.
Insgesamt mussten wir 6x unsere Pässe vorzeigen, das gesamte Gepäck wurde an beiden Grenzstationen geröngt und an der mongolischen Grenze wurden von uns Fingerprints genommen (bis 01.01.2016 brauchte man als Österreicher für die Mongolei nicht einmal ein Visum).
Das Ganze dauerte drei Stunden, inkludiert ist aber eine Stunde in der Sonne liegen, da die mongolischen Grenzbeamten bis 15:00 Uhr Mittagspause hatten.
Dann hatten wir es endlich geschafft, wir waren in der Mongolei. Herrliches Wetter, schöne Umgebung, ein paar kleine Häuschen, Staubstraße und weit und breit kein Fahrzug, das uns die 100 km nach Ölgij hätte bringen können. Wir hatten trotzdem keinen Bedenken, irgendwie war es bisher immer weitergegangen und zur Not würden wir eben hier zelten.
Nach etwa einer halben Stunde kamen zwei Männer und wollten wissen woher wir kommen, was wir vorhaben... Einer holte dann ein Auto, das allerdings total vollgepackt war, auch auf dem Dach war alles voll Gepäck. Mit diesem Auto könnten wir beide für € 17,-- die 100km nach Ölgij mitfahren, meinte der Fahrer, das Gepäck von der Rückbank werde hier abgeladen und unsere großen Rucksäcke noch zum Rest auf das Dach gebunden.
Vor der Abfahrt konnten wir noch ein paar Momos essen und Milchtee trinken, dann stiegen wir ins Auto. Auf der Rückbank lag noch eine Kiste mit Lebensmittel und es stieg noch eine Frau ein. Josef wollte sich vorne hinsetzen, wurde aber von einer anderen Frau, die ebenfalls mitfahren wollte, zurück auf die Rückbank geschickt. Ok, also zu fünft mit all dem Gepäck und den Rucksäcken zwischen den Beinen,... Aber dann kam noch ein junger Mann und klemmte sich vorne zwischen Fahrer und Beifahrerin und los ging die Fahrt auf staubigen Wegen (die "Hauptstaubstraße" war zu rumpelig), daher konnten wir die Fenster auch nicht öffnen, es kam auch so genug Staub in das Innere des Autos, in dem es schön warm wurde ; ). 40 km vor Ölgij gab es dann noch eine Klopause (kein Graben, kein Busch...) und eine große Flasche Bier für die Mitfahrer und für den Fahrer Saft. Als Gläser wurden einfach kleine Plastikflaschen auseinander geschnitten und im Anschluss weggeworfen (!), aber nicht von uns, was Verwunderung hervorrief. Anders als in Russland liegt hier leider überall Müll herum.
In Ölgij angekommen, fanden wir eine Unterkunft mit Dusche und Toilette im Zimmer, der Preis dafür beträgt allerdings auch € 45,-- pro Nacht incl. Frühstück.
Hier wollen wir drei Nächte bleiben und danach soll es für fünf Nächte in die Natur gehen.
Tschagan Usun
Typische Dorfansicht mit Toilette
Wanderung in die Umgebung von Tschagan Usun
"Little Stonehenge"
Traumhafte Bergwelt rund um Beltir